Manuel Stehli

*1988 in Zürich, lebt in Berlin

Manuel Stehlis schematisch gemalte Figuren könnten aus der computeranimierten Bildästhetik entlehnt sein. Akzentuiert wird diese Wahrnehmung durch den lediglich angedeuteten, formlosen Raum, in dem sich die Figuren ohne Bodenhaftung aufzuhalten scheinen. Auch den Betrachtenden wird keine konkrete Blickachse geboten, kein Schatten weist auf eine Lichtquelle hin; so, als liesse sich der Standpunkt jederzeit ändern.Die Modelle für seine zeitlosen Gestalten fi ndet der Maler tatsächlich in digitalen Bilddatenbanken oder Computerspielen. Die meist klischeehaft in Szene gesetzten Typen und Posen überträgt der Maler als lebensgrosse Figuren auf Leinwand. Seine Arbeitsweise zeichnet sich durch ein wechselseitiges Auf- und Abtragen von Farbe aus, wobei er, wie er beschreibt, «Figuren bewegt»: Er bringt sie in Erscheinung, verschiebt sie oder lässt sie auch wieder verschwinden. In einem «dekonstruktiven Vorgang» entfernt er mit Sandpapier die Farbe erneut. Zurück bleibt eine zarte, strukturfreie, fast mürbe wirkende Farbschicht. Es scheint, als trage der Künstler Schicht um Schicht wieder ab, um zum Kern der Malerei vorzustossen.Manuel Stehlis Intention ist die Reduktion auf das Wesentliche. Seine Bilder sind durch Schlichtheit und Stille geprägt. Dieser Eindruck der Zurückhaltung wird durch die Farbgebung, monochrome Pastell-, Erd- und matte Grau- bis Blautöne, unterstrichen. Die soliden Figuren verharren in einer gelassenen Ruhe. In den Bildern gibt es keine Hinweise auf Ort, Zeit oder Bewegung. Der Fokus liegt einzig und allein auf der Interaktion der dargestellten Gestalten, dem Ausdruck gegenseitiger Zuneigung. Nicht das Spektakuläre interessiert ihn, sondern die fl üchtigen, subtil wahrnehmbaren, zwischenmenschlichen Momente, in denen ein zaghafter Blick gewechselt wird, eine Hand unmerklich eine andere Hand streift, ein Paar im unsicheren Augenblick einer möglichen Berührung verharrt oder die intime Verletzlichkeit einer schlafenden Person beobachtet wird.Es ist, als würden unsichtbare Linien die Körper zusammenhalten. Die sitzende Dreiergruppe verbindet ein schweigender Dialog: Es sind die Blicke und die zueinander gerichteten Körper, die trotz Bewegungslosigkeit miteinander interagieren. Sie wirken, als wären sie in ihrer eigenen Realität, ohne Verbindung zur Aussenwelt versunken. Diese werkimmanente Konzentration widerspiegelt das kontinuierliche Zwiegespräch zwischen Künstler und Bild. Für Manuel Stehli steht der Akt des Malens im Vordergrund. Er will keine Geschichten erzählen. Obwohl, fi gurative Malerei weckt immer Assoziationen, und wir fragen uns, wie seine sorgfältig arrangierten Figuren zueinander stehen, welchen Gedanken sie nachhängen, was sie zu bereden haben oder was sie fühlen. Vielleicht dienen sie auch als Platzhalter, mit der Aufforderung, unsere eigenen zwischenmenschlichen Beziehungen zu refl ektieren.

manuelstehli.com

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