Jill Winnie Moser
*1998 in Winterthur, lebt in Berlin
Die Künstlerin Jill Winnie Moser bezeichnet ihre Arbeiten primär als collageartige Fotomontagen, die als Malereien umgesetzt werden. Am Anfang steht jedoch die Digitalität, so arrangiert die Künstlerin auf Photoshop Fragmente aus verschiedenen Fotografi en. Die fragmentarischen Gemälde erscheinen nahezu dadaistisch, wobei die Motive deutlich die Gegenwart zitieren. Elektronische Gegenstände wie Smartphones treten wiederholt auf. Auch die ausgewählten Körperteile verweisen auf Motive aus der heutigen Popkultur und kommentieren und kritisieren gleichzeitig subtil Ideale, die kontinuierlich propagiert werden. Glattrasierte, gebräunte Frauenbeine oder eine Hand, die sich eincremt: Frauen müssen glattrasiert und weich sein, perfekt, wie aus dem Ei gepellt.Schönheitsideale und der Wahn danach werden in Mosers Arbeiten immer wieder thematisiert und in Frage gestellt. Dies äussert sich auch in ihren Selbstporträts, wo wiederholt bestimmte Gesichtsmerkmale übergross abgebildet sind. In ihrer aktuellsten Werkserie, die für eine Einzelausstellung in der Galerie Anton Bortis in Zürich entstand, steht das Thema «Family Branding», also die Vermarktung einer Familie, im Vordergrund. Gemeint ist jedoch nicht nur die Vermarktung des schönen Lebens, sondern auch des Gefühls von Zugehörigkeit und Zuhausesein, das von Moser wiederum durch die Einbeziehung von Schlössern und Schlüsseln angedeutet wird.Auch in diesen Werken kann ein Bezug zur Kunst der 1920er- Jahre festgestellt werden, jedoch könnte man sie viel eher mit dem Surrealismus als mit Dada in Verbindung setzen; so sind sie kaum noch fragmentarisch, stattdessen wirken die Motive fast traumhaft. In «Horsepower» schaut Kris Jenner, das Oberhaupt der Kardashian-Familie, leicht schmunzelnd an einem vorbei. Sie trägt einen Blazer, dessen Farbe kaum identifi ziert werden kann. Ist er nun blau, türkis oder doch neongrün? Es scheint, als würde der Blazer refl ektieren, während er gleichzeitig mit dem überspitzten orangen Hautton kontrastiert. Das Objekt im Vordergrund könnte als Krone gedeutet werden, laut der Künstlerin sind es jedoch Schachfi guren. Diese wiederum könnten symbolisch für die einzelnen Familienmitglieder stehen, die im Spiel um Likes und mediale Aufmerksamkeit gewinnen, während sie gekonnt von Jenner, dem Familienoberhaupt, platziert werden.Die junge Künstlerin ist kürzlich von Winterthur nach Berlin umgezogen – passend zum Beginn dieses neuen Lebensabschnitts, beginnt sie auch ein neues Kapitel ihrer künstlerischen Tätigkeit. Sie widmet sich nun kleineren Formaten, ausserdem malt und zeichnet sie intuitiver und entfernt sich weiter von den bruchstückhaften Collagen, die insbesondere ihre erste Schaffensphase defi nieren. Moser erfi ndet sich bereits zu Beginn ihrer Karriere ständig neu, und dennoch zeichnen sich ihre Werke durch einen Wiedererkennungswert aus, der in der Farbigkeit als auch in der Wiedergabe von gesellschaftlich relevanten Themen sowie in Alltagsthemen der Generation der Künstlerin liegt.