Bendicht Fivian

*1940 in Bern, †2019 in Winterthur

«Oh … », der Ausruf auf dem Bild «oh, JVA, Pfeil», 1991, scheint das Staunen ironisch vorwegzunehmen, das fi gurative Malerei erregen kann. «Gegenstandsversammlungen» nannte Bendicht Fivian die ab den späten 1980er-Jahren entstandenen Arbeiten, die immer wieder die gleichen, meist alltäglichen und plastisch ergiebigen Dinge auf dem Atelierboden in leichter Aufsicht zeigen: Backsteine, Plastikeimer, Schuhe, Holzstücke, Vasen, Spiegel, Tierskelette. Die Gegenstände erscheinen alle gleichwertig, weil sie keine aussergewöhnlichen Bedeutungen mitbringen, nicht symbolisch aufgeladen sind wie beispielsweise die Menschenschädel in traditionellen Stillleben. Manchmal, etwa in «Rasierspiegel, Keil, auf weissem Boden», 1986, fi nden sie sich scheinbar beiläufi g am Bildrand. So zufällig sich die «Gegenstandsversammlungen» auf den ersten Blick geben, auf den zweiten wirken sie theatralisch. oh, UVA, Pfeil, 1991 (Ausschnitt)Seine Werke wurden malerischer, der Pinselduktus bewegt, nachdem Bendicht Fivian 1975 mit seiner Partnerin, der Künstlerin Renate Bodmer, nach Winterthur gezogen war und die Pop Art und den Hyperrealismus hinter sich gelassen hatte. «Das Allerwesentlichste beim Malen ist die Kunst der Reduktion», notierte er in ein Arbeitsheft. Den grossformatigen Bildern in Acryl auf Baumwolle liegen Skizzen zugrunde, in denen er die Gegenstände aus einer bestimmten Perspektive so knapp und klar wie möglich erfasste. Die oft quadratischen Leinwände grundierte er meist in einer starken Farbe wie Kadmiumgelb oder Englischrot, wobei dieser Grundton insbesondere an den Bildrändern sichtbar bleibt. Während die Gegenstände und ihr Schattenwurf markant umrissen sind, erscheint der meist weiss oder grau gehaltene Bildraum unbestimmt. In die alltägliche Tonalität mischen sich bunte Akzente, etwa ein roter Pfeil, der die Komposition auch formal dynamisiert. Einige Dinge, so Abfallsäcke, Pilze, Kartonschachteln, Kakerlaken, Bohnenkeimlinge oder Kanthölzer, porträtierte der Maler auch vereinzelt und stark vergrössert – ein Verfahren, das die Pop Art auf Ikonen der Konsumwelt angewendet hatte. Nach plastischen Motiven wie Deponien, Kiesgruben, Bunkern, Bäumen und Unterführungen suchte er auch in seinen menschenleeren Landschaften. Bendicht Fivian interessierte der Unterschied zwischen Wirklichkeit und Malerei, und der lässt sich in Serien und an unspektakulären Motiven am besten erforschen. Das Besondere realisiert sich dann in der Malerei.

Bendicht Fivian wächst in Aarberg auf. Nach dem Lehrerseminar amtet er vier Jahre als Dorfschullehrer. Mitte der 1960er-Jahre Ausbildung zum Zeichenlehrer an der Kunstgewerbeschule Bern. Anschliessend zwei Jahre Dozent an der F+F Schule für experimentelle Gestaltung in Zürich. Anfang der 1970er-Jahre war er als Assistent für Gestaltung an der Architekturabteilung der ETH tätig. Fast zwei Jahrzehnte Lehrtätigkeit. Bereits Ende der 1960er-Jahre gehörte Fivian zusammen mit Franz Gertsch, Rolf Iseli, Markus Raetz und anderen zum Kreis der jungen Berner Künstler, die Jean-Christophe Ammann als «die wohl spannungsreichste Konzentration von Malern und Bildhauern in der Schweiz» bezeichnete. Im Laufe der 68er-Revolte radikalisiert sich Fivian derart, dass er nur noch selten malt und einen Grossteil seines früheren Werks zerstört. Mit dem Umzug nach Winterthur gelingen ein Neuanfang und die Vertiefung in die Malerei.

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